Bei der Netzrecherche fand ich die unterschiedlichsten Interpretationen des Begriffes Heimat. Diese hier trifft für mich am ehesten zu: Heimat ist für jeden Menschen etwas anderes. Für manche ist es ein Ort, für andere die Familie, die Eltern und Großeltern. Aber auch Erfahrungen und Erlebnisse, Natur, eine Sprache oder ein Lieblingsverein können Heimat sein oder dazu werden.
Quelle: Bayrischer Rundfunk
Jürgen Huber
War der Geburtsort meine Heimat?
Mein Geburtsort ist Bonn Kessenich, und dort habe ich die Jahre meiner Kindheit verbracht. In der Erinnerung ist mir besonders die Zinkbadewanne geblieben, in der am Samstag die ganze Familie gebadet wurde. Komisch, oder? Am liebsten ging ich zur ebenfalls in Kessenich lebenden Oma. Die hatte sogar eine fest installierte Badewanne. Das warme Wasser wurde in einem holzbefeuerten Badeofen erwärmt, ein echtes Ereignis für einen kleinen Jungen und ein Stück Heimat?
Süd-Frankreich als Heimat?
In den 1970er Jahren fuhr ich das erste Mal nach Frankreich. Die Lebensart dort hat mich sofort begeistert. So lernte ich in der Volkshochschule die französische Sprache.
In den Bergen der Cevennen fand ich eine Bleibe. Ein Dorf mit maximal 20 Einwohner*innen jeden Alters. „Der Deutsche“ wurde erst einmal sehr genau beobachtet. Da er die Sprache sprach und sich am Dorfleben beteiligte, tauten sie auf. Die Beteiligung am Dorfleben bestand darin, manchmal ein „Schwätzchen“ zu halten, mit anzupacken und die Erzeugnisse des Dorfes zu erwerben. Letzteres war nicht schwierig, denn die Produkte von in den Bergen freilebenden Schweinen und der Bienen waren etwas ganz anderes als die aus dem Supermarkt. Ein weiteres Stück Heimat.
Doch im Laufe der letzten Jahre wurde es mir im Süden zu warm und die Suche nach einer kühleren Gegend begann.
Die Bretagne
Berichte über die Bretagne weckten das Interesse an diesem Landstrich. Doch was hörten wir nicht alles über die Bretagne? Alle vier Jahreszeiten an einem Tag, starke Stürme, unberechenbare Meeresströmungen und sehr eigenwillige Menschen.
Eines Tages siegte der Experimentiergeist und wir fuhren mit viel Gepäck Richtung Bretagne. Denn die Kleidung für alle vier Jahreszeiten musste mitgenommen werden.
Doch welche Überraschung, das Wetter hat uns mit viel Sonne und somit Wärme in Empfang genommen. Kein einziges Mal benötigten wir die dicken Sachen um uns zu wärmen.
Die Menschen waren sehr freundlich und hilfsbereit. Im Süden musstest du die französische Sprache sprechen um deine Wünsche zu äußern. Wenn Du in der Bretagne Probleme mit der Sprache hattest, wurde auf Englisch oder sogar auf Deutsch umgeschaltet.
Eines Morgens am Meer ging eine Gruppe im Meer schwimmen. Der Atlantik war noch sehr kühl, daher verzichtete ich auf das Schwimmen. Ein älterer Herr entstieg den Fluten, wir kamen ins Gespräch und er verriet uns mit Stolz, dass er schon 75 Jahre alt sei. Ich konnte nur noch meinen Hut ziehen.
In den folgenden Jahren wurde das „Finistère“, das Ende der Welt oder des Festlandes zu meiner neuen Heimat. Das Wetter blieb uns in den Folgejahren immer treu. Doch dieses Jahr bemerkten selbst die Bretonen, dass der Winter doch sehr lange dauern würde.
Wo ist meine Heimat?
Wie zu lesen ist, wechselte meine Heimat des Öfteren. Oft war ich „weg“, doch immer wieder hat es mich nach Bonn gezogen. Nicht das Mittelmeer, nicht der Atlantik konnten auf Dauer den Rhein mit seinen Kähnen, das Siebengebirge und den Bonner Dialekt ersetzen.
Jetzt lebe ich zufrieden in Mehlem, habe 100 Meter bis zum Rhein und schaue jeden Morgen auf den Drachenfels. Ich bin schnell mal im Café, schnell beim Bäcker oder beim Lebensmittelhändler. Dort fühle ich mich wohl, die Leute kennen sich, es ist viel „Rheinisch Platt“ zu vernehmen.
Nach vielen Experimenten hat sich Mehlem als meine Heimat herausgestellt.
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