Bei dem Schwerpunkt Reisen läuft Jürgen zu voller Form auf. Denn das tut er seit jungen Jahren.
Ich erzähle Euch hier Geschichten aus einer Zeit, wo wir noch Zeit hatten, uns Zeit zu nehmen, Verabredungen noch ohne Handy funktionierten (der Beweis kommt später), Europareisende an den Landesgrenzen noch ein Ausweispapier zücken mussten und sich den Launen eines Staatsbediensteten namens Zöllner aussetzen durften. Und eine Europareise erforderte die Landeswährung des jeweiligen Landes mitzuschleppen.
Ich bitte die Jüngeren unter uns um Nachsicht, wenn hier Dinge erwähnt werden, die heute so nicht mehr möglich wären.
Jürgen Huber
Jugoslawien 1970
Mein erster Urlaub ohne Eltern ging im Jahre 1970 in das damalige Jugoslawien. Es handelte sich um einen Kanuurlaub mit meinem damaligen als auch noch heutigen Kanuverein. Die älteren Mitreisenden hatten Süßigkeiten für die „armen Kinder“ dabei. Die in Bonn liebevoll „Hariböschen“ genannten Süßigkeiten wurden dort an die immer auftauchenden Kinder verteilt. In Erinnerung geblieben ist mir die herzliche Gastfreundschaft der Menschen. Wie oft wurden wir einfach so zum Essen und Trinken eingeladen.
In Sachen Umwelt: Es gibt in Jugoslawien einen Fluss namens Drina. Der Begriff „grüne“- und „schwarze Drina“ existierte in meinem Kopf, ohne den Hintergrund zu kennen.
Wir setzten unsere Kanus in einem wunderbar grünen Wasser ein und befuhren die Drina abwärts. Am Horizont tauchte eine Papierfabrik auf, danach war die Drina schwarz und roch. Schnell war unsere Fahrt beendet.
Griechenland 1974
Meine nächste Erinnerung ist eine Kanutour nach Griechenland. Meine damalige Partnerin und ich hatten damals etwas mehr Zeit als einen normalen Urlaub lang. Deshalb fuhren wir über den „Autoput“ nach Griechenland. Wikipedia sagt dazu: „Unter Autoput versteht man im deutschen Sprachgebrauch die 1188 Kilometer lange, durch die ehemalige Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien verlaufende Transitstrecke von Österreich nach Griechenland. Wir wollten uns irgendwo in Griechenland mit unseren Kumpels treffen, die nur die berühmten drei Wochen Zeit hatten. Von einer Taverne aus verabredeten wir uns per Festnetztelefon und gaben unseren Standort wie folgt an: „Wir sind im Ort sowieso neben der Taverne Kostas“, was tatsächlich funktionierte.
Wir fuhren gemeinsam den Fluss herunter, zelteten an den schönsten Plätzen. Erstaunlich ist, die Stelle konnte vermeintlich noch so einsam sein, aus irgendeinem Busch tauchte immer ein Mensch auf, immer sehr freundliche, offene Menschen, niemals finstere Gesellen.
Da unsere Lebensmittel dem Ende zu gingen, zelteten wir unterhalb eines Ortes, in dem ein Lebensmittelladen war. Dorthin begaben wir uns des Morgens zum Zwecke des Einkaufens. Vor dem Laden saßen einige Griechen vor Wassergläsern. Als wir auftauchten, wurden wir erstaunlicherweise auf Deutsch gefragt, was wir denn wollten. „Äh, Einkaufen natürlich“! „Erst mal hinsetzen, es ist noch zu früh zum Einkaufen“, die Wassergläser wurden (nicht ganz, aber ziemlich) mit OUZO gefüllt, und dann mussten wir, während die Gläser immer wieder gefüllt wurden, erzählen, wo wir herkamen und welcher Teufel uns reiten würde, da unten mit Booten zu fahren, man könne doch wirklich seinen Urlaub anders verbringen!
Das Einkaufen hatte sich später erledigt und der Aufenthalt um einen Tag verlängert.
Frankreich 1975
Zu einer Kanu-Wandertour mit Zelt und Schlafsack trafen wir uns an dem französischen Fluss Dordogne.
Keines Wortes der französischen Sprache mächtig gingen wir in eine Bar, um ein Bier zu trinken. Wir bestellten zwei Bier und wunderten uns, dass die Wirtin uns sofort verstanden hatte. Dieses wundern wurde verstärkt, als die Wirtin mit zwei Gläsern, deren Inhalt nun gar nicht als Bier zu identifizieren war, erschien. Sie servierte uns Byrrh, einen bittersüßen französischen Aperitif.
Leider hatten wir in Frankreich auch häufiger einmal negative Erlebnisse. Finstere Gesellen mit einer sehr eigenen Meinung zum Thema Umverteilung brachen häufiger unsere Autos auf.
Österreich 1977
An manche Wildwassertour in Österreich erinnere ich mich gerne. Eines der Highlights war während einer wirklich katastrophalen Wetterlage, es regnete tagelang in Strömen. Die Böden waren aufgeweicht, Stellplätze wie wir sie liebten in der Auswahl sehr eingeschränkt. An einer Wehranlage, wo wir die Flussfahrt beendeten, kam aus seinem Häuschen der Wärter heraus und fragte ganz erstaunt, wo wir denn herkämen. Oh je, jetzt gibt es bestimmt einen Einlauf, weil wir das Gelände unbefugt betreten hatten. Aber nein, er lud uns in seine „Schaltwarte“ ein, weil es sei draußen ja viel zu kalt und ungemütlich.
So unterhielten wir uns die ganze Nacht über die Weltpolitik und das Leben im Allgemeinen.
Und einen noch zum Thema Zöllner.
Wir waren in einer Truppe von drei VW Bussen unterwegs. Ein T1 und zwei T2 Busse, also aus der ersten und zweiten Serie von VW. Wir trugen langes Haar und Bärte, soweit der damals sich entwickelnde Flaum als solches zu bezeichnen war. Also sonnenklar, die haben Haschisch dabei.
So wurden wir am österreichischen Grenzübergang auch sehr direkt gefragt: „Hobst en Hosch dobei?“
Der Zöllner hat in aller Ruhe Dose für Dose der Gewürze geöffnet und daran gerochen. Wir schwitzten, denn er kam der Teedose mit nicht ganz legalem Inhalt immer näher. Doch der Zöllner hatte dann irgendwie keine Lust mehr, an Cayenne Pfeffer & Co herumzuschnüffeln und gab auf. Uff!
Wenn einer eine Reise tut
Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Ja, so ist das, ich könnte noch viel mehr erzählen, aber mir steht natürlich nicht die ganze Zeitung zur Verfügung. Das Fazit der Urlaubsreisen ist schnell gezogen. Im großen Ganzen sind wir auf nette, freundliche Menschen gestoßen. Gerade in ärmeren Ländern wird die Gastfreundschaft großgeschrieben.
Mehr von Jürgen Huber
Es folgt eine Anzeige unserer Unterstützer*innen
Immer wieder erfrischend, Deine Berichte, weiter so!