Eine Auseinandersetzung mit der Plastikflut
Eine unschätzbare Eigenschaft der Plastik-Materialien ist ihre Haltbarkeit bzw. Langlebigkeit, welche die Lebensdauer der Naturstoffe unverhältnismäßig übersteigt.
Ingeborg Renckendorf, Greenpeace
Auch wenn Plastik durch scheinbaren „Abbau“ nicht mehr sichtbar ist, so ist es doch nur physikalisch in immer kleinere Fetzen zertrennt, die bekanntermaßen als Mikroplastik und Nanoplastik in die Lebewesen eindringen. Mit der Nahrungskette werden sie weitergegeben und stören die Lebensvorgänge, z.B. durch die vielen giftigen Zusatzstoffe, die sie verströmen.
„Weg“: was heißt das?
Am schnellsten geht es etwas Verbrauchtes, funktionslos Gewordenes – leere Verpackungen etc. an den Weg- und Straßenrand oder ins Gebüsch zu werfen, aber dort vergiftet es Boden, Wasser und Lebewesen, gelangt schließlich über Regen und Wind ins Meer; denn es sind bisher nur einige wenige Organismen, wie etwa Bakterien oder Pilze bekannt, die Plastik verdauen, d.h. chemisch in lebensverträgliche Grundstoffe umwandeln können. Diese sind allerdings noch lange nicht technisch in großem Maßstab einsetzbar. Es gibt wohl schon einige wenige Materialien mit Plastik-Eigenschaften, die die Industrie aus Naturstoffen fertigt.
Also: Wegwerfen war gestern. Schlecht ist es auch, Plastikverpackungen mit Lebensmittelresten zusammen in „Biotonnen zu Kompostieranlagen zu schicken. Dort wird alles zerkleinert und nach einer wirtschaftlich gebotenen Zeit als Kompost auf die Felder der Landwirte verteilt, wo die Plastikbestandteile der Mischung ihre lebensfeindlichen „Tätigkeiten“ fortsetzen.
Gut durchführbar ist, Plastikreste extra in Gelben Tonnen und Säcken zu sammeln und von Entsorgungsfirmen abholen zu lassen oder hinzubringen. Das Sammelgut wird zum Teil mit dem Restmüll oder getrennt verbrannt (ca. 60 % in Deutschland). Beim Verbrennen entstehen aber Giftstoffe, die durch eine aufwendige Filtertechnik vom Entweichen in die Luft zurückgehalten werden müssen. Und dann? Eingeschlossen in Beton werden sie in Salzstöcke versenkt – für immer weg?
Ansätze zur Lösung der Probleme
Ein vorläufiger Ausweg ist, Plastikmaterialien zu recyceln. Entweder werden sie in ihre Ausgangsverbindungen aufgespalten, aus denen neues Plastik produziert wird, oder einfache Sorten werden direkt umgeformt, z.B. zu wieder verwendbaren Flaschen. Plastikabfälle als Rohstoffe für neue Produkte – das ist der Zielgedanke.
Aber es existiert eine riesige Zahl an verschiedenen Plastiksorten und eine sehr geringe Zahl an bekannten Techniken, wie diese Sorten in wieder verwendbare Produkte umgewandelt werden könnten. Die Industrie möge sich gefordert fühlen, von jetzt an nur leicht recycelbare Plastiksorten zu produzieren und sie auch selbst zu recyceln. Allerdings hat bisher Freiwilligkeit noch zu keinen greifbaren Ergebnissen geführt, notwendig sind jetzt gesetzliche Vorschriften, die bindend sind, und deren Einhaltung streng kontrolliert wird. In Frankreich sind z.B. Verbundmaterialien, die kaum recycelbar sind, verboten.
Aus dieser Notsituation entstanden der Gedanke und die Praxis, Massen an Plastikabfällen in andere Länder zu exportieren, die das Recycling durchführen sollten. Aber China z.B. hat sich weitere Lieferungen verbeten, die südostasiatischen Länder haben noch viel weniger als Deutschland die Technik, alles zu recyceln. Sie häufen die Massen daher auf offenen Deponien auf. Von dort tragen Wind und Regen den Plastik-Abfall in die Flüsse, und so gelangt er ins Meer. Heute ist klar, dass die Meere der Erde in ungeheurem Maße mit Plastik verunreinigt sind, u.z.w. von der Oberfläche bis zum Meeresboden. Die Strömungen tragen den Unrat zu den bekannten gewaltigen Strudeln zusammen, Tiere ersticken daran und verhungern, und die Meeres-Ökosysteme werden schwer geschädigt. Wir stehen vor einer Katastrophe, die die gesamte Erde und damit auch den Menschen betrifft.
Die Chemie- und Kunststoff-Industrie produziert aber nahezu unbeeindruckt weiterhin Plastik-Materialien und ist weiterhin nicht gesetzlich verpflichtet, die Reste und Abfälle zurückzunehmen. Hier ist der Gesetzgeber dringend gefordert. Wie gesagt: die Recyclingtechnik steht noch am Anfang, und daher türmen sich jetzt Berge von Plastikresten auf, die nicht verarbeitet werden können.
Beispiel aus der Landwirtschaft
Plastik-Vlies-Bahnen werden gern von Landwirten genutzt zum Abdecken von Beet- und Ackerflächen. Sie werden alt, reißen und müssen weg. Einrollen, zu einem Zentralmarkt bringen oder in Containern holen lassen ist bisher gängige Praxis.
Aber jetzt ist in ganz Deutschland kein Platz mehr für ihre Lagerung, denn ihre Menge übersteigt die Kapazität der Verarbeitungsfirmen bei weitem, zumal für die Verarbeitung so langer Bahnen kein technisches Verfahren bekannt ist (Abb.2, vorläufiges „Endlager“ Container).
An dieser Stelle ist der Umgang mit Plastikmaterial GEGEN DIE WAND GEFAHREN, weil nicht ganzheitlich vorgegangen wurde. Rohstoffgewinnung, Produktion, Gebrauch und anschließende Weiterverarbeitung zu neuem Rohstoff hätte so geplant und ausgearbeitet werden müssen, dass ein Kreislauf entstanden wäre.
Was nun? Die Lagermöglichkeiten der Landwirte sind begrenzt. Offene große Deponien müssen der Vergangenheit angehören, weil die Müllmassen nicht dort bleiben, sondern mit Wind und Wasser verteilt werden. Im Gebüsch, am Waldrand Vliesbahnen oder Plastiksäcke zu deponieren entfällt, denn die Rehe z.B. fressen Plastik gern, weil ihnen die Weichmacher schmecken. Oft sterben sie daran qualvoll.
Wir stehen an einem Punkt, wo jede und jeder Einzelne gefragt ist, wie sie oder er Plastik einsparen, weiterverwenden oder einsammeln kann, um Menschen und Natur besser zu schützen als bisher. Auf allen Ebenen besteht diese Notwendigkeit, sowohl für das private Leben als auch für die Industrie und Wirtschaft, den Handel, und, ganz dringend, für die Politik.
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