Fragen zur ökologischen Verkehrsplanung

9. November 2020 | Ausgabe 6 / 2020 Verkehr, Ralf Wolff | 0 Kommentare

Moratorium Verkehrswende in Bonn?

Alle kennen ihn und brauchen ihn – den ‚Tausendfüßler‘, eine in die Jahre gekommene Stelzenautobahn mitten durch Bonn. Für das Ersatzbauwerk hat die Bundesregierung im Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP 2030) einen 6-streifigen Ausbau festgelegt aber den alternativen Ansatz der ökologischen Verkehrswende nicht mitbedacht. Jetzt zeigt sich erheblicher Widerstand gegen die Planfeststellung. Es droht der Klageweg gegen den Bund, wenn nicht ein Moratorium vereinbart wird.

Ralf Wolff

Es ist nicht zu übersehen – das Autobahnteilstück der BAB 565 von Endenich bis zum Autobahnkreuz Bonn-Nord ist schon so an die Grenze seiner Belastbarkeit gelangt, dass das Brückenbauwerk, im Volksmund ‚Tausendfüßler‘ genannt, mit besonderer technischer Konstruktion gesichert werden muss. Das Ersatzbauwerk des Tausendfüßlers ist dann auch mit vordringlichem Bedarf in den Bundesverkehrswegeplan (BVWP 2030) aufgenommen worden. Das war vor vier Jahren. Die viel diskutierte Südtangente mit Ennertaufstieg und Venusbergtunnel ist im BVWP 2030 nur dem weiteren Bedarf zugeordnet. Damit hat sie kein Planungsrecht, wofür sich viele Engagierte seit Jahr und Tag einsetzen.
Bei näherer Beschäftigung hätte schon 2016 auffallen können, dass die im Fernstraßenausbaugesetz des Bundes für das Land NRW verbindlich zur Umsetzung eingetragene Erweiterung des Ersatzbaus für den Tausendfüßler von vier auf sechs Spuren Schwierigkeiten für die Umwelt bedeuten wird.


Planungsstatus und Hauptkritik

Der Ersatz- und Ausbau des Teilstücks von Endenich bis zum Kreuz Bonn-Nord liegt inzwischen im Entwurf vor. Der Landesbetrieb Strassen NRW hat die durch den Bund genehmigten Entwurfspläne offengelegt, um sie ‚plan-feststellen‘ zu lassen. Die Offenlage endete am 9. Oktober. Bis zum 9. November können noch Einwendungen erhoben werden (s. Kasten). Der Hauptkritikpunkt der Umweltverbände liegt in der um eine Spur breiteren Trasse beidseitig zugunsten des motorisierten Kraftverkehrs – eine Umweltspur inklusive Radschnellweg sei an der Zeit.


Radschnellweg noch möglich?

Im März diesen Jahres forderten die Stadt Bonn, der Rhein-Sieg-Kreis und der ADFC den Landesverkehrsminister Hendrik Wüst auf, im Einvernehmen mit dem Bund einen Radschnellweg einzuplanen. Die Chance zu nutzen, den Bedarf für einen Radschnellweg in der Region Bonn/Rhein-Sieg anzuerkennen und den Landesbetrieb Straßenbau NRW, wie bei Landesstraßen üblich, mit der Planung und dem Bau eines Radschnellweges in der Region zu beauftragen, ließ Minister Wüst verstreichen. Er betonte mehr die Hindernisse als die Chancen, so der ADFC NRW (s. Mitt. 12.03.20). Laut ADFC NRW lag es auch daran, dass der kommunale Entwurf für den Radschnellweg entlang der Autobahn über keinen 2,50 Meter breiten Gehweg verfügt hätte.
Ist das Hindernis nicht grundsätzlich in der gesetzlichen Zuständigkeit des Bundes über diese Trasse zu sehen? Das Land NRW hätte aber das Einverständnis des Bundes einholen können, die dritte Spur zugunsten des Umweltverbundes zu nutzen. Dieses Hindernis zu überwinden, dazu war die Landesregierung offenbar nicht bereit, findet der Autor.
Die Umplanung der dritten Spur für den Umweltverbund ist nun nur noch auf dem Klageweg zu erwirken. Zudem drängt die Zeit, denn die Statik der Stelzenautobahn hält nur noch maximal zwei Jahre.


Beteiligung von Beginn an ist möglich

Weitet man den Blick auf die bundesweite Landkarte, war im September die Veröffentlichung des Zwischenberichts zur Endlagersuche ein markantes Ereignis. Der auf die Endlagerkommission zurückgehende Prozess setzt explizit auf Transparenz und Beteiligung der Öffentlichkeit. Ein erster kraftvoller Schritt in diese Richtung soll die Einrichtung einer Folge von Fachkonferenzen sein, in denen verschiedene gesellschaftliche Gruppen die Erarbeitung von Standortvorschlägen für die oberirdische Erkundung begleiten werden. Dass die online-Auftaktveranstaltung am 17./18.9. zu einem Zeitpunkt stattfand, an dem die geologische Datenbasis nur unzureichend für die Bürger zugänglich war, stieß auf starke Vorbehalte bei den Umweltverbänden. Gelungen ist mit zirka 500 Teilnehmerinnen dennoch ein frühzeitiger erster Schritt für eine Vernetzung und Selbstorganisation der Öffentlichkeit (siehe hierzu auch künftig in der BUZ 1/2021).

Bonn hat den Wechsel gewählt

Wie wird sich der neue Stadtrat zum Ausbau der BAB 565 positionieren. Ein Moratorium wurde während des Wahlkampfs ins Gespräch gebracht. Das müsste dann über das Land an die Bundesregierung gerichtet werden. Nur sie kann das klimapolitisch nicht im Einklang mit der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie als auch wie der des Landes NRW stehende Projekt noch umwidmen. Auf die ersten Projekte käme es an, hörte unser Redakteur während seiner Recherchen nach der Wahl des neuen Stadtrats immer wieder. Darunter die Unterbrechung des Cityrings, den ÖPNV-Ausbau und die schon 2019 beschlossene Stadtentwicklungsgesellschaft. Zügige und konkrete Umsetzung sei an der Zeit, so die Gesprächspartnerinnen unseres Redakteurs.


Bürgerantrag Erste Fahrradzone Bonns

Sinnbild dafür, wie Bundesgesetzgebung vor Ort auch wirken kann, zeigt sich mit einem Bürgerantrag vom Ökozentrum Bonn für die Einrichtung der ersten Fahrradzone in Bonn. Laut neuer Straßenverkehrsordnung können Fahrradzonen eingerichtet werden, um die Sicherheit zu erhöhen. Wie wird die neue Bezirksvertretung Bonn sich dazu stellen?

Die Antragsteller*innen sind gespannt.

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