Die Asiatische Hornisse: In Bonn und Umgebung angekommen

29. August 2024 | Ausgabe 5 / 2024 Lieblingsorte und Heimat, Gastautor*in, Gesellschaft | 0 Kommentare

Mit einem Expertenbeitrag über die Asiatische Hornisse (Vespa velutina nigrithorax) aus der Beraterpraxis der Imkerei leiten wir einen Schwerpunkt „Invasive gebietsfremde Arten“ ein, dem wir im kommenden Jahr eine ganze Ausgabe widmen möchten.


Imker Klaus Maresch


Mit mehreren Sichtungen von einzelnen Hornissen schon 2023 in Friesdorf, Meckenheim, Alfter, Wachtberg sowie Rheinbach und seit dem Frühjahr 2024 auch mit Nestfunden in der Innenstadt sowie zuletzt am Bundesministerium der Verteidigung ist es klar, dass die aus Asien stammende Vespa velutina nigrithorax nun auch in der Region Bonn angekommen ist. Seit 2006 hat sie sich aus Frankreich kommend in alle Richtungen ausgebreitet. Bemerkenswert dabei ist, dass alle Populationen von einer einzigen eingeschleppten Königin stammen, das haben genetische Untersuchungen bewiesen. Inzuchtdepression scheint keine Rolle zu spielen.

Sie ist gekommen und sie wird bleiben, man wird sie nicht ausrotten können und wir werden lernen müssen, mit dieser invasiven und gefährlichen Wespenart umzugehen. Sie steht auf der Liste der gefährlichen invasiven Arten und ihre Bekämpfung wird seitens der örtlichen unteren Naturschutzbehörden durchgeführt.

Wo liegt das Problempotential?

Probleme ergeben sich in mehrfacher Hinsicht und sie resultieren aus der Biologie dieser Hornissenart. Ihr Zyklus beginnt früher und endet spät.


Vespa velutina (Asiatische Hornisse) ist mit etwa zwei Zentimetern Körperlänge ein gutes Stück kleiner als Vespa crabro und mit ihrer überwiegend schwarzen Körperfarbe und den gelben Füßen deutlich anders gefärbt.


Ein gut getarntes Sekundärnest der Gelbfüßigen Asiatischen Hornisse Vespa velutina in einer Baumkrone in etwa 10 m Höhe. Fundort: Rheinbach Foto: Klaus Maresch

Anders als unsere vergleichsweise friedliche Europäische Hornisse Vespa crabro, deren Akzeptanz in der Bevölkerung in den letzten Jahren gestiegen ist, starten die Königinnen der Vespa velutina recht früh im Jahr mit dem Nestbau. Und deren Nester sind noch aktiv, wenn die Geschlechtstiere die Nester von V. crabro schon längst verlassen haben und in der Überwinterungsphase sind. Dann herrscht noch viel Leben in den Nestern von V. velutina und es schlüpfen weiterhin junge Königinnen, deren Begattung noch im Nest stattfinden und die sich danach ebenfalls wie ihre etwas größere europäische Verwandte in die Winterruhe begibt. Aber die nestgründende Jungkönigin von V. velutina ist schon im zeitigen Frühjahr aktiv, wenn die V.-crabro-Königinnen noch längst nicht daran denken, ihr Winterquartier zu verlassen. V. crabro lässt sich bis Mitte/Ende Mai Zeit, da hat V. velutina schon längst Nester gegründet.

  1. crabro nistet so gut wie ausschließlich in Höhlen oder unter höhlenähnlichen Bedingungen, darunter Rollokästen, Zwischendecken, Vogelnistkästen oder auch schon einmal auf einem Dachboden. Sie zählt zu den Höhlenbrütern. Wird es ihr in ihrer Höhle zu eng, zieht sie auch schon einmal um, man spricht dann von Filialisierung, wenn völlig unerwartet irgendwo ein Hornissennest entsteht.
  2. velutina hingegen ist weniger wählerisch. Neben den oben genannten Nistorten findet man die so genannten Primärnester gern auch in einem dichten Gebüsch, aber auch in einem alten Efeu oder einer Kirschlorbeerhecke. Man zählt V. velutina eher zu den freinistenden
    Wespenarten, dazu gehört auch die in unserer Region präsente Mittlere Wespe Dolichovespula media, deren Nester ebenfalls in Hecken, aber auch an Dachvorsprüngen oder Regenrinnen zu finden sind. D. media und V. velutina haben eines gemeinsam, am Nest reagieren sie auf Störungen recht heftig. Das hat einen guten Grund, denn Vögel wissen die eiweißreiche Brut der Wespennester zu schätzen. Nun werden die Nester der Mittleren Wespe nicht allzu groß, sie beinhalten wenige Hundert Bewohner und sind im Spätsommer auch schon wieder leer. Kleinere Zwischenfälle gibt es immer mal: Wenn man beim Schneiden der Hecke so ein Nest erschüttert, hat die Mittlere Wespe sehr stichhaltige und überzeugende Argumente auf Lager, das Heckenschneiden zumindest in ihrer Umgebung zu unterbrechen. Ansonsten ist D. media ein recht angenehmer Gartenmitbewohner.

Wenn man als ahnungsloser Gartenbesitzer, Gärtner, Friedhofsmitarbeiter oder Angehöriger anderer grüner Berufe hingegen mit einem großen Nest von V. velutina in Berührung kommt, kann es sehr schnell sehr gefährlich werden.

Oftmals nimmt V. velutina einen Ortswechsel des Nistortes vor. Ähnlich wie die europäische Verwandte zieht sie dann um. Letztere macht das aus Platzgründen, was V. velutina zum Umzug – man spricht dann von so genannten Sekundärnestern – veranlasst, ist noch nicht ganz klar. Eine Vermutung geht dahin, dass es in hohen Bäumen weniger Feinde gibt. In ihrer Heimat ist V. velutina verschiedenen natürlichen Feinden ausgesetzt. Diese gibt es hier in Europa nicht. Unsere Vogelwelt hat sich noch nicht auf diese asiatische Hornissenart eingestellt.

Nest Hornisse asiatisch © Klaus Maresch

Aber manchmal bleibt ein Nest auch an Ort und Stelle und wächst dort weiter. Es ist dann die pure Menge der verteidigungsbereiten Hornissen, die noch dazu sehr gewandte Flieger sind, welche den arglosen Gartenfreund oder Passanten in Lebensgefahr bringen kann. Oder spielende Kinder, deren Fußball in die Hecke fliegt und das Nest erschüttert.

Derart aufgestört, fallen Hornissen dann hundertfach über alles her, was sich in ihrer Nähe bewegt. Es kämen nicht einmal mehr Rettungskräfte in die Nähe der Opfer. Letztes Jahr wurde bei Aachen ein Nest (s. Foto) gefunden, welches sich in einem dichten alten Efeu gebildet hatte. Es hatte etwa 90 cm Durchmesser, wurde von geschätzt etwas mehr als Tausend Hornissen bewohnt und befand sich in Kopfhöhe an einem Wegesrand. Aufgefallen war es dem Gärtner, als er den Efeu stutzen sollte.

Hoher Futterbedarf von Vespa velutina

Zwei weitere Problemfelder, auf die hier nur kurz eingegangen werden soll, resultieren aus dem großen Nahrungsbedarf von V. velutina.

Erwachsene Hornissen brauchen zuckerhaltige Säfte als Energielieferanten, ihre Brut wird mit Fleisch gefüttert. Dabei ist V. velutina nicht wählerisch, die Obst- und Weinbau betreibenden Betriebe werden das sehr bald zu spüren bekommen. In Dalmatien fiel im letzten Jahr nahezu die komplette Weinernte diesem Neuankömmling zum Opfer.

Imker haben schon sehr früh den hohen Eiweißbedarf von V. velutina zu spüren bekommen. Die fluggewandte Hornisse ist in der Lage, sich vor den Bienenstöcken auf die startenden oder landenden Bienen zu stürzen. Sie macht gezielt Jagd auf Bienen, wo sie diese findet und rottet ganze Bienenvölker aus.

Sie geht aber auch auf Aas, im letzten Jahr haben wir sie in Friesdorf an aufgestellten Tellern mit Katzenfutter gesehen. Eine Vespa-velutina-Kolonie vertilgt im Jahr etwa 11 kg Fleisch – darunter Insekten und Aas, oder alles, was sie für Aas hält und überwältigen kann. Es gibt Aufnahmen von Hornissen, die sich über Vogelnester hermachen und die Brut vernichten.

Wie geht man mit Vespa velutina um?

velutina ist meldepflichtig. Die örtlichen Naturschutzbehörden nehmen die Meldungen an und organisieren dann die Bekämpfung der Nester. Eine Meldung muss verifzierbar sein, d. h. es muss ein Foto dabei sein, was man am besten via Whatsapp an 015209795271 oder per Email an naturschutz@bonn.de weiterleitet. Die Bekämpfung der Asiatischen Hornisse ist allein Sache der damit beauftragten Fachleute – es ist keine Sache à la „Ich fahr ins Gartencenter und hole ein Wespenspray!“ Selbst im Umgang mit Europäischen Hornissen mussten sich langjährig geübte Imker – der Verfasser gehört dazu – spezielle Schutzanzüge zulegen.

Sorgen bereitet dabei nicht nur, dass verhältnismäßig harmlose und friedliche Wespenarten mit der V. velutina verwechselt werden könnten. Die Befürchtungen gehen dahin, dass unentdeckte Nester jetzt, nach dem Ende der Ferien, an Kitas und Schulen zu Unfällen führen.

Bitte um Hilfe

Unentdeckte Nester zu finden, das ist nicht einfach. Zum Einsatz kommen dabei so genannte Locktöpfe. Diese enthalten ein Gemisch aus Wein, Bier, Fruchtsaft und Zucker und wirken unwiderstehlich auf Wespen und Hornissen. Tauchen an solchen Locktöpfen Asiatische Hornissen auf, gibt es Methoden, durch Markierung und Verfolgung, die Nester gekennzeichneter Hornissen zu finden.

Der Verfasser des Beitrages sowie verschiedene Imker hoffen, dass sich Bonner melden, und in ihren Gärten durch das Aufstellen und Beobachten solcher Locktöpfe dazu beitragen, die Gefahr, die von V. velutina ausgeht, möglichst gering zu halten. Von einzelnen Hornissen, egal ob V. crabro oder V. velutina, geht keine Gefahr aus. Aber es wäre hilfreich, durch Meldungen gesichteter asiatischer Hornissen genauer zu wissen, wo ein Nest zu finden sein könnte.


Über den Verfasser

Klaus Maresch (57) ist seit 1982 Imker und führte bis 2016 die Bioland-Imkerei Honighäuschen. Seit mehr als 20 Jahren ist er außerdem Ansprechpartner in der Region, wenn Haus- und Gartenbesitzer Probleme mit oder Fragen zu Bienen, Wespen und Hornissen haben. In seinem Garten in Graurheindorf finden sich ständig mehrere umgesiedelte Hornissen- und Wespennester.


Hilfreiche Kontakte

Umweltamt der Stadt Bonn
0228 773526, naturschutz@bonn.de

Projekt Vespa velutina NRW
Klaus Maresch
0228 4220850
0151 09795271 (Whatsapp)
www.vespa-velutina.nrw

info@honighaeuschen.de

 

Rhein-Sieg-Kreis
Untere Naturschutzbehörde
02241 13390
naturschutztelefon@rhein-sieg-kreis.de


 

 

 

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