Klimafreundlich in den Urlaub
Nachhaltigkeit spielt bisher bei den Reiseentscheidungen der Deutschen eher eine untergeordnete Rolle. Zu diesem Ergebnis kam die im letzten Jahr vorgelegte ADAC- Tourismusstudie. Das Kriterium „CO2 -Fußabdruck der Reise / ökologisch nachhaltig reisen“ belegte bei den Reisebuchungen des „Haupturlaubs“ von 2022 den letzten Platz. Die Gründe hierfür müssten auf mehreren Ebenen diskutiert werden. Stellvertretend biete ich etwas anderes an: eine Skizze meiner anstrengenden Planung einer Bahnreise von Bonn nach Barcelona.
Carmen Planas
Kurze statt lange Anreisewege sind fürs Klima besser. Es gibt gute Urlaubsangebote gleich vor der eigenen Haustür. Aber auch bei privaten Reisen geht es nicht immer nur um die reine Erholung. Bei mir ist es zum Beispiel so, dass ich familiäre Verpflichtungen in Spanien habe, denn aus diesem Land kam mein Vater 1961 nach Deutschland. Meine Reisen nach Spanien können natürlich unterschiedlich aussehen. Das Gebot der Stunde heißt: klimafreundlich!
Besser nicht fliegen
„Allein der von Deutschland ausgehende Luftverkehr stößt jährlich 30 Millionen Tonnen CO2 (…) aus. Kondensstreifen, Stickoxide, Ruß und Wasserdampf in hohen Luftschichten erhitzen die Atmosphäre zusätzlich und verstärken die negative Klimawirkung um das Dreifache“, heißt es in einer Publikation vom BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) von 2022. Wenn ich nach Barcelona reise, dann nehme ich auf gar keinen Fall ein Flugzeug. Die Bahn ist besser. Mal schauen, wie viel das kostet. Unter www.bahn.de mache ich mich auf die Suche.
Mit dem Zug nach Barcelona
Ich kann in 12 Stunden und 23 Minuten von Bonn nach Barcelona fahren und muss nur dreimal umsteigen. Das klingt ganz gut. Dann kommt diese Information: „Es tut uns leid, wir können die von Ihnen gewählte Verbindung online nicht verkaufen. …“ Am besten gehe ich gleich zum Bonner Hauptbahnhof. Ich warte eine halbe Stunde. Einmal Tipp, einmal Klick, dann gibt es die gewünschte Auskunft. Sparangebote gibt es ab 266,00 Euro, ansonsten geht es ab 350,00 Euro los. Hin und zurück wären das mindestens 532,00 Euro. Das ist nicht wenig und ich ärgere mich darüber, dass ich am Schalter nicht hartnäckiger nachgefragt habe.
Preisgünstig: Interrail-Pass
Die Recherche geht am Schreibtisch weiter. „Als Alternative bieten wir Ihnen gerne den Interrail-Pass … an“, steht unter www.bahn.de. Ich könnte einen Global Interrail-Pass für 255,00 Euro kaufen. Dieser Preis sieht schon viel besser aus. Doch halt! Für die beiden Hochgeschwindigkeitszüge brauche ich vier Sitzplatzreservierungen. Wie teuer sind die? Auf die Schnelle bekomme ich das nicht heraus. Eine erfahrene Freundin erzählt mir, dass es rund 140,00 Euro seien, so dass ich auf insgesamt 395,00 Euro käme. Zu beachten ist, dass die Sitzplätze besser lange im Voraus reserviert werden sollten. An Interrail-Fahrgäste werden wohl nur eine begrenzte Anzahl an Sitzplatzreservierungen vergeben. Ich sollte also erst einmal versuchen, die Reservierungen zu kaufen. Doch ohne Interrail-Pass gibt es auch hier auf die Schnelle keine Möglichkeiten.
Super Sparpreise für Europa
Ich muss es noch einmal anders versuchen und klicke mich zu den Europa-Supersparpreisangeboten der Deutschen Bahn. Spanien ist leider nicht dabei. Ich schaue unter „Super Sparpreis Frankreich, ab 29,90 Euro“. Hier wird die Verbindung Frankfurt-Lyon-Marseille angezeigt. Das ist interessant. Von Siegburg aus ist man mit dem Zug ungefähr in einer Stunde in Frankfurt. Doch die Superpreise kann ich leider nicht finden. Das beste Angebot liegt bei 110,90 Euro. Und dann muss ich mich ja noch um die Anschlüsse kümmern: Bonn-Siegburg-Frankfurt und Lyon-Barcelona. Mir schwirrt der Kopf. Bisher scheint der Global Interrail-Pass die günstigste Möglichkeit zu sein. Man muss dann eben rechtzeitig planen.
Kein Selbstläufer:
klimafreundlich reisen
Schluss für heute. Nein, ein Vergleich noch. Mit wenigen Klicks sehe ich bei einem Billigflieger, dass ich von Bonn nach Barcelona und zurück für rund 200,00 Euro dabei bin. Das ist ernüchternd! Wenn die fürs Klima wichtige Mobilitätswende klappen soll, muss die Politik dringend handeln. Dazu gehört, dass das Fliegen wirklich teurer werden sollte. Schon lange fordert etwa der BUND unter anderem, dass die Subventionen für den Luftverkehr gestrichen werden müssten und eine Kerosinsteuer sowie die Mehrwertsteuer auf internationale Flüge eingeführt werden sollten. Und die Recherche für meine Zugfahrt nach Barcelona zeigt, dass die Suche nach passenden europaweiten Zugverbindungen dringend einfacher werden müsste. Wir brauchen hier eine gute Online-Lösung ohne Preis-Dschungel, um zumindest diese Hürde aus dem Weg zu räumen: für eine Entscheidung gegen das Fliegen und für die klimafreundlichere Bahnfahrt. Die Schlussfolgerung der ADAC-Tourismusstudie: „Nachhaltigkeit im Tourismus ist kein Selbstläufer.“ Und weiter: „Die nachhaltige Entwicklung des Angebots wird (…) in absehbarer Zeit nicht über eine breite Nachfrage gesteuert werden. Daher bedarf es eines verstärkten Dialogs zwischen Branche und Politik, wie dieses Thema wirkungsvoll auf anderem Wege vorangetrieben werden kann.“
Internet-Tipp
Am Ende noch ein Tipp zur Thematik: www.wirsindanderswo.de. Die Website der Bonner fairkehr Agentur und Verlag GmbH bietet viele gute und aktuelle Informationen rund um nachhaltige Mobilität und nachhaltigen Tourismus. Sehr empfehlenswert ist hier zum Beispiel das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderte Reise-Handbuch „Reisen mit Klimaschutzfaktor“, das man kostenfrei herunterladen kann. Gut strukturiert zeigt es, wie 22 ausgewählte Reiseziele in Europa mit Bus, Bahn oder Fähre erreicht werden können. Sehr interessant, auch wenn es bereits 2022 erschienen ist.
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